Tauben-Krankheiten

Können Tauben die Menschen krank machen?

Wie sieht es nun aus mit den auf Websites von Schädlingsbekämpfern und Vergrämungsfirmen aufgeführten Krankheitserregern aus? Besteht bei Kontakt mit Tauben eine Gefahr für unsere Gesundheit?

Für jede einzelne der Behauptungen wurden in einer Studie zur Gefährdungseinstufung von Stadttauben neue Erkenntnisse ausgewertet und der Wahrheitsgehalt aller dieser Behauptung überprüft. („Gefährdungseinstufung der Stadttauben? Überprüfung aktueller Aussagen aus dem Internet auf ihren Wahrheitsgehalt“. Mirja Kneidl-Fenske, Tierärztin und Michaela Dämmrich, Landesbeauftragte für den Tierschutz in Niedersachsen. Stand 29. Juli 2017.)

Alle Behauptungen konnten als schlichtweg falsch oder übertrieben entlarvt werden.

Aspergillose (Pilz)

Behauptung: Aspergillose (Pilz) – Zerstörung der Lunge
Richtigstellung: Kein Tier ist Überträger einer Aspergillose! Schimmelherde des Cryptococcus neoformans können sich auf Erde und auch auf altem Taubenkot bilden. Bei hoher Exposition in mit Schimmelpilzsporen gesättigter Luft kann eine Infektion erfolgen.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.

Encephalitis (Virus)

Behauptung: Encephalitis (Virus) – Nervenentzündung
Richtigstellung: Eine Enzephalitis ist eine Gehirnentzündung. Weder das Robert-Koch-Institut (Berlin) noch das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (Hamburg) haben Informationen darüber, dass Tauben Enzephalitis übertragen. Falls damit PMV gemeint ist, haben Tauben auch da eine Sonderform cPMV, die keine nennenswerte Rolle als Zoonose spielt.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.

Histoplasmose (Pilz)

Behauptung: Histoplasmose (Pilz) – Zerstörung der Lunge
Richtigstellung: Tauben sind als Haus- und Nutztier potentielle Überträger. Allerdings sieht das Robert-Koch-Institut die Verbreitung der Histoplasmose in den USA, Zentral- und Südamerika, Karibik, Afrika, Indonesien, Australien und vereinzelt in Europa (hier nur in Fledermaushöhlen).
Fazit: Die Behauptung ist falsch.

Kokzidose (Pilz)

Behauptung: Kokzidose (Pilz) – Zerstörung der Lunge
Richtigstellung: Kokzidien sind keine Pilze, sondern Einzeller. Typische Taubenkokzidien, die mit dem Kot ausgeschieden werden, sind harmlos für den Menschen und andere Säugetiere.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.

Listeriose (Bakterium)

Behauptung: Listeriose (Bakterium) – Hirnhautentzündung
Richtigstellung: Tauben können diesen Erreger zwar ausscheiden, aber die größte Bedeutung als Infektionsquelle haben kontaminierte Lebensmittel. Ein Infektionszusammenhang mit Tauben wird im Robert-Koch-Jahrbuch 2015 nicht genannt.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.

Myxovirose (Virus)

Behauptung: Myxovirose (Virus) – Augenentzündung
Richtigstellung: Myxoviren ist eine veraltete Bezeichnung für Orthomyxo- und Paramyxoviren. Beide haben für den Menschen keine Bedeutung.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.

Ornithose / Psittakose (Bakterium)

Behauptung: Ornithose / Psittakose (Bakterium) – Tödliche Lungenentzündung
Richtigstellung: Ornithose sind für Vögel und Menschen nur noch meldepflichtig, weil die Krankheit mit Antibiotika gut zu behandeln ist. Die Symptomatik dieser Krankheit ähnelt einer Grippe. Das Ro- bert-Koch-Institut in Berlin bestätigt 2016, dass es in den letzten 10 Jahren nur zwei nachgewiesene Fälle von Ornithosen durch Tauben gab. Bei einer Bevölkerung in Deutschland von 82.176.000 (Stand 2015) und einem Zeitraum von 10 Jahren, entsprechen 2 Erkrankungen einer Wahrscheinlichkeit von 1 : 420 Millionen (also der Wahrscheinlichkeit, 5 x hintereinander den Eurojackpot zu knacken). Insgesamt erkrankten in der BRD von 2007 bis 2016 153 Menschen an Ornithose (d.h. 15 pro Jahr, Wahrscheinlichkeit 1 …: 5,5 Millionen), die Kontakt zu Gänsen, Enten, Wellensittichen, Papageien, Hüh- ner und eben auch Tauben hatten.
Fazit: Die Behauptung ist maßlos übertrieben.

Salmonellose (Bakterium)

Behauptung: Salmonellose (Bakterium) – Lebensmittelvergiftung
Richtigstellung: Die Salmonellen, die Tauben befallen, sind taubenspezifisch (Salmonella typhimurium var. copenhagen). Sie sind keine Zoonose und daher für Menschen harmlos.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.

Toxoplasmose (Einzeller)

Behauptung: Toxoplasmose (Einzeller) – Entzündung der Leber und Lunge
Richtigstellung: Tauben sind potentielle Überträger, wie alle Warmblüter. Nach dem Robert-Koch-Insti- tut sind allerdings hauptsächlich zwei Infektionswege für die Infektion des Menschen verantwortlich: orale Aufnahme umweltresistenter Oozysten über Ausscheidungen der Katze (z. B. ungewaschenes Gemüse), sowie die Aufnahme von sogenannten Gewebszysten, durch Fleisch infizierter Tiere (z. B. Rohwurst,
Hackepeter).
Fazit: Die Behauptung ist falsch.

Typhus (Bakterium)

Behauptung: Typhus (Bakterium) – Tödliche Durchfallerkrankung
Richtigstellung: Typhus ist eine Erkrankung, die durch spezielle Salmonellenstämme (Salmonella typhi) verursacht wird. Diese spielen bei Tauben keine Rolle.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.

Trichomonasis (Einzeller)

Behauptung: Trichomonasis (Einzeller) – Schwellungen
Richtigstellung: Eine Trichomoniasis ist eine Geschlechtserkrankung, die beim Geschlechtsakt von Mensch zu Mensch übertragen wird (Trichomonas vaginalis). Bei Tauben kommen Trichomonas gallinae vor. Diese haben für den Menschen keine Bedeutung und werden zudem nicht über Kot, sondern von erwachsenen Tauben auf die jungen Tauben beim Füttern übertragen, bzw. auf andere Vogelarten durch Aufnahme kontaminierten Wassers.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.

H5N1 – Vogelgrippe
  • Behauptung: “Da selbst alter, vertrockneter Taubenkot noch lebende Erreger der Vogelgrippe beherbergen kann, ergibt sich die unbedingte Notwendigkeit einer professionellen Taubenkotbeseitigung.”
    Richtigstellung: Das Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, wies 2015 nach, dass Tauben eine hohe Resistenz gegen Vogelgrippe und eine sehr geringe Virusausscheidung …haben. In Niedersachsen durften während der Vogelgrippe 2017 Tauben transportiert und ausgestellt werden, weil sie bei der Übertragung der Geflügelpest keine Rolle spielen.
    Fazit: Die Behauptung ist falsch.

Das Infektionsschutzgsetz von 2000 formuliert in § 2, Absatz 12, dass ein Tier, durch das Krankheitserreger auf Menschen übertragen werden können, ein Gesundheitsschädling ist.

Da Stadttauben auf Menschen keine nennenswerten Krankheiten übertragen, dürfen sie nicht als Schädlinge bezeichnet werden.

Tauben und Parasiten

Neben Krankheiten werden Tauben häufig für die Übertragung von Parasiten verantwortlich gemacht. Richtig ist: Tauben können, besonders wenn sie geschwächt sind, zahlreiche Parasiten und Krankheitserreger aufweisen. Diese sind aber zum größten Teil tauben- oder vogelspezifisch und für den Menschen völlig harmlos.

Taubenzecke – Argus relexus

Menschen sind vor Taubenzecken geschützt, solange Tauben als Wirt vorhanden sind. Sie können den Menschen als Fehlwirt befallen, sterben aber nach wenigen Tagen ab. Die mögliche Schadwirkung geht von Hautinfektionen an der Bisswunde aus. Eine Übertragung von Krankheitserregern wie Borreliose oder FSME durch Taubenzecken konnte bislang in keinem einzigen Fall nachgewiesen werden.
Fazit: Die Behauptung stimmt nur bedingt.

Taubenfloh – Ceratophyluss columbae

Er kann durchaus auch für den Menschen als Lästling auftreten.
Fazit: Die Behauptung stimmt.

Große Taubenlaus – Hohostielle lata

Richtigstellung: Dieses Tier gibt es nicht. Es gibt Federlinge, die hochartspezifisch sind und bei Tauben ausschließlich Federsubstanz bzw. Hautschuppen fressen. Sie sind am Menschen nicht interessiert.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.

Vogelmilbe – Dermynyssus gallinae

Tauben können von dem Parasiten betroffen sein. Seine Hauptschadwirkung wird durch Blutsaugen verursacht. Für den Menschen ist der Erreger ein Lästling und könnte theoretisch, ebenso wie die Zecke, Krankheiten übertragen, was aber bisher nicht vorkam. Vogelmilben gibt es bei vielen Vogelarten.
Fazit: Die Behauptung stimmt nur bedingt und trifft nicht nur auf Tauben zu.

Wie schätzen die Behörden das Risiko einer Infektion durch Tauben ein?

Den Ekel und die Angst vor Tauben sollte es nicht geben müssen. Denn seit über zwanzig Jahren ist amtlich nachgewiesen und im Merkblatt des Bundesgesundheitsamtes vom April 1994 nachzulesen: „Das Risiko einer menschlichen Infektion durch Kontakt mit freilebenden Tauben ist im Allgemeinen nicht höher einzustufen als das Risiko einer Infektion durch den Kontakt mit Zuchttauben, Heim- oder Ziervögeln“. Vier Jahre später kommt das Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin in seiner Stellungnahme zur Schädlingseigenschaft von verwilderten Haustauben zu dem Ergebnis: „Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die 1966 erfolgte Einschätzung der verwilderten Haustaube als obligatorischer Gesundheitsschädling seitens des Bundesgesundheitsrates aus unserer Sicht heute nicht mehr stichhaltig ist (und in dieser verallgemeinerten Form in späteren Voten auch nicht mehr aufrechterhalten wurde)“ (Stellungnahme des BgVV vom 26.02.1998).